|
Ambystoma mexicanum
(veraltet: Siren mexicanum)
Familie: Ambystomatidae
Vorkommen: Endemisch in den stehenden Gewässern der mexikanischen
Hochebene
Populärname: Axolotl
Unterarten: Keine
Beschreibung:
Axolotl sind neotene Salamander, die vor allem aufgrund ihrer außergewöhnlichen
Regenerationsfähigkeit bekannt sind. Adulte Tiere erreichen eine
Gesamtlänge von 24 - 30 (in Ausnahmefällen auch über 40)
cm, wovon jeweils die Hälfte auf die Kopf-Rumpf-Länge und den
Schwanz entfällt. Die Flanken sind vom Thorax bis zur Kloakalregion
senkrecht gefurcht. Die Zeichnung des Wildtyps besteht in einer braunen
bis grauen Grundfarbe, die sich zur Bauchseite hin aufhellt und gleichmäßig
mit dunkleren Flecken besetzt ist. Hell schimmernde Flecken, die durch
Iridophorenpigmente gebildet werden, treten bei manchen Tieren ebenfalls
auf.
Entsprechend ihrer neotenen Lebensweise weist die Morphologie der Axolotl
mehrere eindeutig larvale Züge auf, erkennbar vor allem an der seitlich
abgeplatteten Form des Schwanzes, der über eine auf dem Rücken
beginnende ausgeprägte Schwanzschneide verfügt, die vergleichsweise
kurzen Extremitäten, die kleinen Augen und natürlich die ausgeprägten
Büschelkiemen, die mit jeweils drei muskulär beweglichen Kiemenästen,
die mit stark durchbluteten Hautlamellen besetzt sind, von beiden Seiten
des Kopfes abstehen.
In Gefangenschaft erreichen Axolotl ein Alter von 12 - 20 Jahren; auch
Einzelfälle höheren Alters bis hin zu 28 Jahren sind bekannt.
Besonderheiten der Neotenie:
Die Neotenie der Axolotl ist indizierbar-obligatorisch und artumspannend.
Im Gegensatz zur obligatorischen Neotenie (wie z.B. bei Proteus
anguinus) werden also die für die Metamorphose verantwortlichen
Hormone T3 und T4 nicht nur (wenn auch in verringertem Maß) in der
Schilddrüse gebildet, sondern es existieren auch entsprechende funktionale
Hormonrezeptoren an den Organen. Dass trotzdem unter normalen Umständen
kein Axolotl zur Metamorphose gelangt, liegt in einem fein abgestimmten
Gefüge der Reizschwellen der jeweiligen Rezeptoren begründet.
Werden die entsprechenden Reizschwellen überschritten, beispielsweise
durch gezielte künstliche Hormoninjektionen (Tierversuch nach TierSchG
§§ 7, 8), leitet dies die Metamorphose ein, was zum richtigen
Entwicklungszeitpunkt die Umbildung zum terrestrischen Salamander (allerdings
mit einer hohen Mortalitätsrate), zum falschen Zeitpunkt freilich
in aller Regel den Tod des Tieres zur Folge hat.
Regenerationspotential und Forschung:
Die erstaunliche Fähigkeit der Axolotl, nach Verletzungen ganze Extremitäten
und sogar Teile von Organen zu regenerieren, wird seit vielen Jahrzehnten
intensiv erforscht. Entsprechend dem allgemeinen Stand der Forschung gilt
das Hauptinteresse derzeit der Identifizierung der an der Regeneration
beteiligten Botenstoffe und den dadurch provozierten Mechanismen der Dedifferenzierung
und erneuten Differenzierung der "Reparatur"-Zellen (An der
Regeneration beteiligte Zellen stammen zum Teil aus über das Rückenmark
verteilten Stammzellendepots, zum Teil aber auch aus aufgelösten
und neu organisierten Zellverbänden des umliegenden Gewebes).
Motivation der Forschung ist selbstverständlich die Hoffnung, eines
Tages die Forschungsergebnisse auf die Unterstützung regenerativer
Prozesse im menschlichen Körper anwenden zu können. Dementsprechend
führt der Axolotl auch drastisch vor Augen, wie mächtig der
Einfluss der Humanmedizin auf die biologische Forschung ist: Obwohl weltweit
wohl mehr Axolotl im Dienste der Forschung leben und sterben als irgend
ein anderes Amphibium, wurden kaum jemals ernsthafte Anstrengungen unternommen,
an diesen Tieren andere Aspekte als ihre Selbstheilungskräfte zu
erforschen. Über ihr Verhalten, speziell das der Wildpopulation,
und ihre artspezifische Kommunikation ist daher kaum mehr bekannt, als
der Hobbyhalter in seinem Aquarium beobachten kann.
Geschlechtsunterschiede:
Die Geschlechter lassen sich äußerlich wenige Wochen vor dem
Erreichen der Geschlechtsreife, typisch ca. 300 bis 350 Tage nach dem
Schlupf, sicher differenzieren: Während männliche Tiere eine
deutliche Schwellung der Kloakalregion entwickeln, die auch außerhalb
der Zeiten sexueller Aktivität klar erkennbar ist, fehlt diese Schwellung
bei den Weibchen. Die Weibchen hingegen weisen, bedingt durch die Größe
der Ovarien, eine deutlich größere Körperfülle auf
als die Männchen.
Ein weiteres, aber unsicheres, Erkennungsmerkmal ist, dass der Schwanz
männlicher Axolotl im Verhältnis zur Kopf-Rumpf-Länge tendenziell
länger ist als der von Weibchen.
Darüberhinaus gibt es keine Geschlechtsunterschiede in der Zeichnung
oder weiteren äußerlichen Merkmalen. Die Geschlechtsbestimmung
juveniler Tiere nach äußerlichen Merkmalen ist unsicher bis
unmöglich.
Fortpflanzung und Entwicklung:
Das Fortpflanzungsverhalten der Axolotl kann nur als unspektakulär
bezeichnet werden; Territorialverhalten gibt es genauso wenig wie von
der Normalfärbung abweichende Balzkleider oder Balzrituale. Auch
eine jahreszyklisch verankerte Paarungszeit ist nicht etabliert (Ausnahme:
Metamorphosierte Exemplare). Zwar findet in der Natur die Paarung regelmäßig
im Frühjahr statt; auslösende Reize sind hierbei aber die reinen
Änderungen der Umweltbedingungen (Temperatur, Tageslichtzeit), die
bei der Zucht in Gefangenschaft ganzjährig zur Begünstigung
einer Paarung eingesetzt/simuliert werden können.
Das Männchen setzt, wahrscheinlich olfaktorisch stimuliert durch
die Anwesenheit paarungsbereiter Weibchen, eine oder mehrere Spermatophoren
auf den Gewässer- bzw. Beckengrund ab und versucht dann, das/die
Weibchen seiner Wahl durch seitliche Stöße mit dem Kopf zu
diesen hin zu bugsieren. Hat es mit seinen Bemühungen Erfolg, nimmt
das Weibchen die Spermatophore über die Kloake auf. Die Befruchtung
der Eizellen geschieht im Körper des Weibchens, das sich 8 bis 20
Stunden später an die Eiablage macht.
Die 80 bis 500 Eier werden dabei einzeln an alle verfügbaren Oberflächen,
bevorzugt Pflanzenstengel und -blätter, geheftet. Speziell bei jungen
Weibchen, die zum ersten Mal verpaart werden, kann es auch vorkommen,
dass die Eier in Schnüren abgelegt werden. Diese Eier sind dann typisch
von geringerem Durchmesser und größtenteils infertil.
Die Embryonalentwicklung dauert zwischen 7 und 20 Tagen, wobei bemerkenswert
ist, dass zwischen 19 und 25°C die Temperatur kaum Einfluss auf die
Entwicklungsgeschwindigkeit nimmt, sondern hier der Sauerstoffgehalt des
Wasser eine entscheidende Rolle einzunehmen scheint. Unterhalb von 19°C
dagegen ist eine deutliche temperaturbedingte Verlangsamung der Entwicklung
zu beobachten.
Zum Zeitpunkt des Schlupfes haben die Larven eine Gesamtlänge von
etwa 11 mm und wachsen im folgenden halben Jahr im Durchschnitt etwa einen
Millimeter pro Tag. Der Maulspalt öffnet sich erst ca. 40 Stunden
nach dem Schlupf (bis zu diesem Zeitpunkt leben die Larven noch von ihrem
internen Dottervorrat). Die Geschlechtsreife wird nach mindestens 9, typisch
12 bis 15, maximal 20 Monaten erreicht. Als "ausgewachsen" kann
man einen geschlechtsreifen Axolotl allerdings kaum bezeichnen, denn als
Nebeneffekt der Neotenie setzt sich das Wachstum (wenn auch mit stark
degressiver Geschwindigkeit) über die gesamte Lebenszeit fort.
Farbschläge:
Schon die Wildform des Axolotl weist zahlreiche Färbungsvarianten
auf, bedingt durch unterschiedliche Anzahl und lokale Häufungen der
beteiligten Pigmentzellenarten. So variiert die Grundfarbe von einem (seltenen)
rötlichen Braun über Hellgrau bis hin zu einem fast schwarzen
Dunkelgrau, während abhängig von Menge und Häufungscharakteristik
der Iridophorenpigmente die Fleckenzeichnung sowohl dunkler als auch heller
als die Grundfarbe erscheinen kann.
Jungtiere weisen grundsätzlich dieselbe Färbungscharakteristik
auf, die sie auch im adulten Stadium haben werden, verlieren jedoch typisch
mit zunehmendem Alter an Kontrast der Zeichnung. Wildfarbene Jungtiere
mit einem albinoiden Elternteil (s.u.) bilden oft in erhöhtem Maß
Xanthophoren aus und erscheinen damit im Grundton olivgrün; der Grünanteil
verliert sich jedoch im Lauf der ersten 18 Lebensmonate.
Darüberhinaus treten, einzeln und auch in Kombination, drei farbverändernde
Gendefekte auf, die von der Wildform abweichende Farbschläge charakterisieren:
Leukistisch: Diese Tiere bilden zwar Chromatophoren aus, diese
migrieren jedoch nicht aus der Neuralleiste in die Haut. Die Tiere sind
bis auf wenige winzige dunkle Flecken weiß bzw. wirken durch Durchblutung
gelegentlich rosa.
Melanoid: Diese Tiere bilden keine aufhellenden Iridophoren aus,
was sie gleichmäßig schwarz erscheinen lässt.
Axanthisch: Diese Tiere bilden keine Xanthophoren (gelbliche Pigmentzellen)
aus. Der Effekt wird jedoch meist nur differenzierbar in Kombination mit
einem anderen Gendefekt.
Albinoide Axolotl hingegen gibt es nicht. Um diesem "Missstand"
abzuhelfen (Für Beobachtungen in der Forschung waren albinoide Tiere
wünschenswert), kreuzte Rufus R. Humphrey in den 1960er Jahren Axolotl
und Tigersalamander. Die resultierenden albinoiden Tiere (landläufig
als "Humphrey-Axolotl" bezeichnet) bildeten keine Melanophoren
aus, jedoch Iridophoren und Xanthophoren, was sie goldgelb mit noch sichtbarer
Fleckenzeichnung erscheinen ließ.
Auch die albinoiden Merkmale sind kombinierbar mit den anderen Gendefekten,
was in der Folgezeit der Kreuzung zu einer Flut weiterer Farbzüchtungen
(Goldalbino, Gelbalbino, diverse Weißalbino-Formen, "Schecken"
und "Harlekins") führte, jedoch in noch weit größerem
Maße zur Nachzucht undifferenziert heterozygoter Wildtypen - mit
der Konsequenz, dass heute mit sehr wenigen Ausnahmen alle Axolotl-Zuchtstämme
hybrid durchsetzt sind. Da sich die Hybriden weder in der Morphologie
noch in den Lebensumständen von echten Axolotl unterscheiden, kann
auch ein phänotypisch wildfarbenes Tier heute strenggenommen nicht
mehr als Ambystoma mexicanum bezeichnet werden, sofern nicht sein Stammbaum
bis zur Wildtierentnahme bzw. bis vor 1960 vollständig zurückverfolgt
werden kann.
Haltung:
Verfügt der Halter über Grundkenntnisse der Aquaristik, ist
die Aquarienhaltung nicht besonders schwer. Da die Tiere nicht als besonders
temperamentvoll bezeichnet werden können, reicht für die Haltung
von ein bis zwei adulten Exemplaren bereits ein Becken von 80x40x50 cm
(BxTxH) aus. Eher zu empfehlen ist freilich, wenn die Umstände es
erlauben, eine Beckenbreite von 100 bis 160 cm; der Grundsatz, dass eine
größere Wassermenge in allen Belangen der organischen Wasserchemie
stabiler und leichter zu kontrollieren ist, gilt auch hier.
Die folgenden Wertebereiche sollten nicht dauerhaft über- oder unterschritten
werden:
Parameter |
Kritische Untergrenze |
Idealwert/-bereich |
Kritische Obergrenze |
Temperatur |
14°C |
18-20°C |
25°C |
pH-Wert |
6,8 |
7,6 |
8,2 |
Gesamthärte |
6°dH |
10-20°dH |
n.a. |
Nitrit |
- |
0 mg/l |
0,4 mg/l |
Als Bodengrund sollte Sand zu Einsatz kommen. Für die weitere Beckeneinrichtung
eignet sich alles, was zu groß ist, um von Axolotl verschluckt zu
werden (Steine von weniger als 2 cm Durchmesser sind daher tabu). Zur Bepflanzung
eignen sich robuste kaltwassertaugliche Arten; bodendeckende Pflanzen haben
keine Überlebenschance. Die Einrichtung lichtgeschützter Versteckplätze
ist obligat.
Eine Beleuchtung des Aquariums ist nur für die Pflanzen erforderlich
und sollte entweder relativ schwach sein oder durch sich flächig ausbreitende
Schwimmpflanzen gedämpft werden.
Axolotl reagieren sehr empfindlich auf Wasserströmung; Filtersysteme
geringer Effizienz wie z.B. mit Kreiselpumpen betriebene Kompakt-Innenfilter
verbieten sich daher. Als optimale Systeme haben sich luftbetriebene Mattenfilter
bewährt, die eine hohe Filtereffizienz bei geringem Wasserdurchsatz
bieten.
Problematisch ist oft die Einhaltung der erforderlichen Temperaturgrenzen
im Sommer. Soll ein Aquarium im Wohnraum aufgestellt werden, ist daher auf
einen sonnenlichtgeschützten Aufstellort mit guter Luftzirkulation
zu achten; auch sollte keinesfalls eine Aquarienabdeckung benutzt werden
(Wärmestau!).
Zu erwähnen ist schließlich noch, dass sich Becken der geschilderten
Dimensionen für Tiere ab 12 cm Mindestlänge eignen. Will man demnach
nicht noch ein separates Aufzuchtbecken betreiben, sollte man bei der Anschaffung
der Tiere darauf achten, keine allzu jungen/kleinen Exemplare zu erwerben.
An Futtermitteln kann alles zum Einsatz kommen, was auch bei der Haltung
terrestrischer Urodelen ähnlicher Größe verwendet wird.
Zusätzlich können auch Stör- und Lachszucht-Futterpellets
verwendet werden. Schutzstatus:
1973 (1976) - 1996: WA Anhang I (EU-ArtSchV/BArtSchV Anhang A): Meldepflichtig.
seit 1996: EU-ArtSchV/BArtSchV Anhang B: Im- und Exportverbot; nicht meldepflichtig.
Stephan Bürger, Grafenberger Alle 243, 40237 Düsseldorf
Literatur:
WISTUBA, JOACHIM (2008): Axolotl (Natur und Tier-Verlag, 2. überarbeitete Auflage)
HERRMANN, HANS-JOACHIM (1994): Amphibien im Aquarium (Verlag Eugen Ulmer)
Axolotl Newsletter der IUAC (diverse Autoren, online
verfügbar ab Issue 26 (1997), ältere gedruckt)
Links:
axolotl.profiforum.de
(deutsch)
www.axolotl-online.de
(deutsch)
www.amphibien-board.de
(deutsch)
www.ambystoma.de
(deutsch)
www.axolotl.org
(englisch; Ableger von www.caudata.org)
Ambystoma
Genetic Stock Center (englisch; ehemals Indiana University Axolotl
Colony)
|
|